FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Nachrichten / Jahrgang 2005

 

 Kurswechsel zugunsten vernachlässigter Kinder

Mehr Schutz für Kinder: Oppositionsfraktionen legen
dem Sonderausschuss „Vernachlässigte Kinder“ Eckpunkte
für einen „Masterplan Kinderschutz“ vor

 

Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und GAL haben am Mittwoch konkrete Schritte vorgeschlagen, um die Situation vernachlässigter Kinder in Hamburg spürbar zu verbessern und überforderte Eltern gleichzeitig mehr als bisher zu unterstützen. „Wir brauchen ein eng geknüpftes Sicherheitsnetz, das gefährdete Kinder auffängt. Die Schwachstellen sind bekannt, nun müssen sie behoben werden“, erklärt die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christa Goetsch, Obfrau der GAL im Sonderausschuss Vernachlässigte Kinder. "So falsch es wäre, Staat und Behörden eine Allzuständigkeit zu geben, so falsch wäre es, wenn sich der Staat mit dem Appell an "Zivilcourage der Bürgerinnen und Bürger" aus der Verantwortung stehlen wollte", sagte der SPD-Obmann Dirk Kienscherf.

Die Vorschläge von SPD und GAL sehen unter anderem vor, in Hamburg ausreichende und qualitativ hochwertige Hilfsangebote für Kinder und Familien zu entwickeln. Es gehe darum, ein engmaschiges Netz zu knüpfen, durch das kein Kind hindurch fallen kann. Die verschiedenen Angebote des Hilfesystems müssten für die Menschen nah und möglichst uneingeschränkt zugänglich sein. Die innerhalb des Hilfesystems arbeitenden Menschen müssten die so genannten Risikofamilien aufsuchen, um sich anhand der konkreten Lebensumstände der entsprechenden Familien einen Eindruck machen zu können. Das gesamte Hilfesystem müsse schließlich verbindlich und auf das Wohl des Kindes ausgerichtet sein. Risikofamilien müssten rechtzeitig erkannt werden, damit hier Hilfe schnell wirksam werden kann. Das Dunkelfeld müsse aufgehellt werden, forderten die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und GAL. Darüber hinaus müsse geltendes Recht weiterentwickelt werden, um auch auf dieser Ebene schnell und effektiv auf Fälle von Kindesvernachlässigung reagieren zu können.

Es bestehe Konsens darüber, dass fast alle Eltern ihre Kinder besser erziehen, als es der Staat je könnte. Doch gebe es auch Eltern, die mit der Aufgabe überfordert sind, die ihre Kinder vernachlässigen oder misshandeln. In diesen Fällen habe der Staat eine besondere Verpflichtung. "Er muss alles tun, um das betroffene Kind zu schützen – und er darf nicht davor zurückschrecken, in extremen Fällen staatliche Eingriffe in die Familie vorzunehmen. In Fällen, in denen Eltern trotz staatlicher Hilfe nicht in der Lage sind, ihrer Verantwortung nachzukommen, muss der Staat eingreifen. Das Recht des Kindes zu leben, steht vor dem Recht der Eltern, es zu erziehen", sagten Kienscherf und Goetsch.

Zudem äußerten SPD und GAL scharfe Kritik am bisherigen Handeln des Senats und der CDU-Fraktion. Nach Ansicht beider Oppositionsfraktionen wurde in den letzten neun Monaten deutlich, dass Senat und CDU-Fraktion  weder Willens oder in Lage waren, eine grundlegende Reform des Hilfesystems voranzutreiben bzw. ein auf die Erzielung eines politischen Konsens in der wichtigen gesellschaftlichen Frage hinzuarbeiten.

Das jüngst vom Senat vor dem Hintergrund der bevorstehenden Urteilsverkündung im Fall Jessica ausschließlich mündlich verkündete so genannte „Fünf-Punkte-Papier“ diene nicht ansatzweise der Lösung des Problems.

Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerung aus Kreisen der CDU-Fraktion, nun doch einen konstruktiven und Konsens orientierten Abschluss der Arbeit des Sonderausschusses „Vernachlässigte Kinder" herbeiführen zu wollen, veröffentlichen GAL und SPD ihre Eckpunkte als Diskussionsgrundlage für einen Abschlussbericht des Sonderausschusses.

Eckpunkte für einen „Masterplan Kinderschutz“

Hintergrund

In den vergangenen vier Jahrzehnten haben sich die Familie und ihre Struktur sehr verändert. Es gibt immer mehr Kleinfamilien, es gibt immer mehr sozial stark isoliert lebende Familien. Heute ist es - besonders in Großstädten wie Hamburg - die Ausnahme, wenn mehrere Generationen einer Familie nah beieinander leben. Netze in Verwandtschaft und Nachbarschaft sind löchrig geworden und tragen nicht mehr. Auch deshalb bleibt das schreckliche Leid vieler Kinder unsichtbar, bis es - oft durch Zufall - aufgedeckt wird. In vielen Fällen wird es erst erkannt, wenn ein Kind in die Schule kommt. Zu diesem Zeitpunkt haben sich bei vielen dieser Kinder bereits massive Entwicklungsstörungen und  -verzögerungen aufgebaut. Politik und Gesellschaft müssen begreifen, dass neue Formen der Vernachlässigung sehr verbreitet sind. Darauf muss sich das Hilfesystem neu einstellen. Kinder, die in den ersten Lebensjahren vernachlässigt werden, haben es ein Leben lang schwer. Deshalb muss Hilfe früh und konsequent einsetzen.

Wenn Eltern drogen- oder alkoholabhängig sind, wenn sie unter psychischen Krankheiten leiden oder aufgrund ihres Alters nicht ausreichend gefestigt sind, um Verantwortung für Kinder zu tragen, spitzen sich Situationen insbesondere für Kleinkinder gefährlich zu. Wenn in solchen Situationen weder Verwandte noch Nachbarn Einblick in das Familienleben haben und einschreiten können, und wenn die Eltern weder Einsicht noch Mut haben, Hilfe zu holen, kommt es zu Katastrophen – die nicht erst eintreten, wenn ein Kind verhungert.

Der Tod von Jessica hat Hamburg wach gerüttelt. Der Tod dieses Kindes verpflichtet. Er verpflichtet dazu, Hilfen für Kinder und ihre Familien schnell zu verbessern und Gesetze so zu korrigieren, dass Kinder wirkungsvoll geschützt werden. Die Zivilcourage und Aufmerksamkeit hilfsbereiter Nachbarn ist ebenso notwendig, wie die Bereitschaft des Staates, sich schützend für Schwache einzusetzen.

Fünf Leitforderungen an den Hamburger Senat:

  • Hamburg braucht ein dichtes Netz, das alle Kinder erreicht.
  • Das Hilfesystem muss klar, zielgerichtet und verbindlich sein. Es darf kein Verschieben von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu Lasten der Kinder geben
  • Risikofamilien müssen rechtzeitig identifiziert werden, damit Hilfen schnell eingeleitet werden können. Das Dunkelfeld muss aufgehellt werden.
  • Das Hilfesystem muss für die Menschen nah und zugänglich sein und es muss die Risikofamilien aufsuchen.
  • Die rechtlichen Grundlagen über Kindeswohlgefährdung müssen weiterentwickelt werden.

1. Hamburg braucht ein dichtes Netz, das alle Kinder erreicht

ASD und Jugendamt personell richtig ausstatten
Die bestehenden Einrichtungen – etwa Jugendamt und Allgemeine Soziale Dienste – müssen personell so ausgestattet werden, dass sie zumindest alle gesetzlich begründeten Aufgaben ordnungsgemäß erledigen können. Dazu zählen auch Trennungs- und Scheidungsberatung, Pflegeelternüberprüfungen, Beteiligung an Sorgerechtsverfahren, Regelungen von Besuchskontakten und Elternarbeit. Die Allgemeinen Sozialen Dienste müssen wieder in die Lage versetzt werden, Familien aufzusuchen. Unbesetzte Stellen müssen besetzt werden, darüber hinaus müssen die Jugendämter in den besonders belasteten Bezirken personell verstärkt werden.

Der Senat hat bisher beim Thema ASD vollends versagt. Die Sozialsenatorin hat erst monatelang eine personelle Verstärkung abgelehnt, im September 10 zusätzliche Stellen auf 2 Jahre befristet angekündigt und nun eine weitere Prüfung etwaiger weiterer Stellen in Aussicht gestellt.

Die von Bürgermeister von Beust medienwirksam verkündete „Task-Force" reicht nicht aus, sie verschlimmbessert die Situation weiter - wird doch neben den für akute Notfälle heute schon bestehenden Kinder- und Jugendnotdienst sowie der Polizei eine weitere Stelle geschaffen. Eine personelle Verstärkung muss aber die „normale" Arbeit des ASD stärken. Nur so kann es zu einer Reduzierung der Warte- und Rückstandslisten sowie zu einem adäquaten Betreuungsschlüssel kommen. So hat z.B. im Bezirk Harburg sich die Zahl der vom ASD betreuten Familien in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Es ist bezeichnend, dass der Senat seit dem 1. März bis heute kein Gespräch mit den Bezirksämtern hinsichtlich einer Verbesserung der Personalausstattung der Bezirke geführt hat. Auch die „Task-Force" wurde mit keinem Bezirksamt abgestimmt.

Für Zusammenarbeit der Behörden sorgen
Hilfen müssen richtig strukturiert werden. Ein Wechsel der Zuständigkeiten darf nicht dazu führen, dass Kinder in Vergessenheit geraten. Dazu brauchen wir eine verbindliche Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden, besonders bei der Übergabe von Fällen. Gegenseitige Information der beteiligten Stellen (Kita, ASD, Schule etc.) müssen klar und verbindlich geregelt sein. Neu zuständige Mitarbeiter des ASD müssen die Situation der entsprechenden Familie richtig erfassen und beurteilen können. So genannte "Fallübergaben" sollten deshalb grundsätzlich in der Wohnung der Familie und nicht allein per Behördenpost stattfinden. Es muss ein auf den Einzelfall bezogenes Management eingeführt werden, um zu verhindern, dass Akten verschwinden. Familienakten müssen eingeführt werden, damit die Vorgeschichte von Vernachlässigung etwa bei älteren Geschwistern nicht in Vergessenheit gerät. Altfälle müssen überprüft werden, damit sicher ist, dass Kinder in Not nicht übersehen wurden. Die Arbeit insbesondere der Jugendämter muss weiterentwickelt werden, damit sie zu einem guten und akzeptierten Baustein im Hilfesystem werden. Hierzu bedarf es einer besseren Ausstattung mit Stellen, aber auch einer qualitativen Verbesserung ihrer Arbeit. Für Freie Träger muss eine laufende externe Evaluierung ihrer Arbeit verankert werden.

Orientierung kann hierbei das so genannte „Magdeburger Modell“ bieten, das die Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendpsychatrie, Jugendamt, Sozialamt und Bildungswesen vorbildlich und verbindlich organisiert: Case-management aus einer Hand, Fallkonferenzen, um Maßnahmen zu vereinbaren und abzustimmen sowie verbindliche und vertraglich vereinbarte  Kooperationen zwischen allen Institutionen sind Bestandteil dieses erfolgreichen Konzeptes.

Auch für die ebenso notwendige Kooperation zwischen Jugendgerichten, Jugendämtern und Schulen gibt es mit der Bezirklichen Fachkommission in Bergedorf ein Vorbild, das als Modell für ganz Hamburg dienen kann.

2. Handeln im Hilfesystem muss klar, zielgerichtet und verbindlich sein.

Nachbarschaft und soziales Umfeld sensibilisieren, PR-Kampagne gegen Kindeswohlgefährdungen
Die jüngsten Fälle von Kindesvernachlässigungen haben auch gezeigt, dass durchaus Behörden genügend Hinweise vorlagen, ja zum Teil Familien jahrelang betreut wurden. Ob dabei immer ausschließlich das Wohl des Kindes im Vordergrund stand, darf bezweifelt werden. Daher sind Maßnahmen verbindlicher zu gestalten und eine etwaige frühere Herausnahme von Kleinkindern aus einer Familie verstärkt zu prüfen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle wird die Durchführung einer umfassenden Evaluation langjähriger Betreuungsfälle durch eine behördenexterne unabhängige Stelle vorgeschlagen.

Ebenso muss der ASD selber wieder in der Lage sein, Familien aufzusuchen.

Gleichzeitig ist zu überprüfen, für welche Maßnahmen und Altersgruppen Mittel für Hilfen zur Erziehung in Hamburg ausgegeben werden und ob dieses noch sachgerecht erscheint.

Aber: Nicht nur Staat und Behörden, auch Bürgerinnen und Bürger haben eine Verantwortung. Diese geht über die eigene Familie und über die eigene Wohnung hinaus. Es muss verstärkt auf die Anzeichen für Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern sensibilisiert werden. Die Bürger Hamburgs müssen wissen, an wen sie sich mit ihrer Befürchtung wenden können. Dafür brauchen wir eine zentrale Hotline, die öffentlich beworben wird und eine Kampagne, die in verantwortlicher Weise für die gesamte Problematik von Kindesvernachlässigung sensibilisiert. Die sehr guten Erfahrungen in Berlin sollten Hamburg ein Beispiel sein.

Zu der von Bürgermeister von Beust kürzlich verkündeten Einführung einer Hotline zum 1.12.2005 ist anzumerken, dass die Einführung zum 1.1.2006 Monate zuvor bereits verkündet worden war. Dabei handelt es sich um die ohnehin seit Jahren bestehende Hotline des Kinder- und Jugendnotdienstes.

Zentrale Polizeidienststelle
Es ist zu prüfen, ob eine zentrale Polizeidienststelle nach berliner Vorbild eingerichtet werden soll, die sich um Fälle von Vernachlässigung und Misshandlung Schutzbefohlener kümmert und die mit fest zugewiesenen Staatsanwälten zusammen arbeitet.

Fortbildung
Alle Berufsgruppen, die mit Kindern zu tun haben - von der Schwangerschafts- und Geburtshilfe, über Sozialarbeiter, Erzieher, Lehrer und Familienrichter - haben Bedarf an Fortbildung, um Risikofaktoren in der Familie sicher und früh erkennen zu können. Diese Menschen brauchen mehr Handlungssicherheit und Klarheit auch über gesetzliche Grundlagen.

Der Senat hat sich in den Anhörungen bisher mit der Argumentation „Lehrer und Sozialpädagogen hätten während ihrer Ausbildung genug Wissen erlangt" sämtlicher aktiver Fortbildungsaktivitäten hinsichtlich der Vermittlung rechtlicher Handlungsmöglichkeiten verweigert. Der Altersdurchschnitt des ASD im Bezirk Mitte liegt bei über 50 Jahren, die Ausbildungen der Mitarbeiter liegen somit rund 30 Jahre zurück.

3. Risikofamilien müssen rechtzeitig identifiziert werden, damit Hilfen schnell eingeleitet werden können.

Risikofaktoren erkennen
Risikofaktoren, die auf drohende Vernachlässigung hindeuten sind gut erforscht und in der Fachliteratur wiederholt publiziert. Es sind: Alkoholismus bzw. Drogenmissbrauch, psychische Erkrankung der Eltern, Häusliche Gewalt, sozial hoch isolierte Familien, besonders junge und unerfahrene Mütter und Eltern, die selbst misshandelt, missbraucht und vernachlässigt wurden. Auf Kinder und ihre Familien, die unter diesen hohen Belastungen leben, muss sich das Hilfesystem besonders einstellen. Das Hamburger Modelprojekt „Connect – Hilfe für Kinder aus suchtbelasteten Familien – Kooperation und Vernetzung“ hat sich zum Beispiel bewährt.

Wenn etwa alkoholkranke Mütter Kinder entbinden, muss der Staat besonders wachsam sein. Alkoholabhängige Mütter oder Väter sind nach Aussagen des Kinderschutzbundes ein besonderer Risikofaktor. Der vom Staatsrat der Gesundheitsbehörde in der Senatsanhörung gemachte Hinweis „Alkoholismus ist schließlich nicht strafbar", ist zynisch.

Vorsorgeuntersuchungen verbindlich machen
Ein wichtiger Schritt ist die Weiterentwicklung der so genannten U-Untersuchungen. Die Untersuchungen U1 bis U9 müssen zu einem verbindlichen und damit engmaschigen Vorsorgesystem entwickelt werden. Zwischen Geburt und Schuleintritt gibt es bisher keine verbindlichen Kontakte zwischen staatlichen Stellen und Kind. Das Hilfesystem ist nicht in der Lage, etwas über Kindswohlgefährdung zu erfahren, wenn sich Eltern dem System entziehen und ihre Kinder isolieren. Ziel der verbindlichen U-Untersuchungen ist es, den Entwicklungs- und Gesundheitszustand der Kinder bis zum Schuleintritt regelmäßig zu erfassen und dort, wo Eltern ihren Kindern den Zugang zu gesundheitlicher Vorsorge konsequent verweigern, Hilfe einzuleiten. Dazu müssen Bundesgesetze geändert werden sowie unterschiedliche Interessenvertretungen von Krankenkassen, Kassenärztlicher Vereinigung, Politik etc. und die Bundesländer zusammenkommen. Die Einsicht muss reifen, dass das Kindswohl höher wiegt als ein Erziehungsrecht der Eltern. Politik muss sich auf die Seite der Schwachen stellen und das sind hier eindeutig die Kinder.

Der Senat hatte bereits im März dieses Jahres eine Prüfung zugesagt. Noch vor rund drei Wochen wurde die Annahme eines Prüfungsersuchens von SPD und GAL in der Bürgerschaft von der CDU-Mehrheit abgelehnt. Die von Bürgermeister von Beust nun angekündigte Bundesratsinitiative, die dem SPD-/GAL-Vorschlag folgt, hat bisher keine Konkretisierung erfahren.

4. Das Hilfesystem muss für die Menschen nah und zugänglich sein und es muss die Risikofamilien aufsuchen.

Kita-Plätze
Kinder aus sozial belasteten Familien müssen Ganztagsplätze in Krippen und Kitas bekommen, denn das entlastet die Familien und schafft einen Zugang in die Familie hinein. Der Abbau von Ganztagskitaplätzen für Kinder aus sozial benachteiligten Familien hat die Situation verschärft. Hier muss umgesteuert werden: Hamburg braucht einen Ausbau von Ganztagsangeboten bei Kitas auch für die Kinder nicht berufstätiger Eltern.

Sozialraumorientierte und niedrigschwellige Hilfe
Die im Hilfesystem arbeitenden Menschen müssen erreichbar sein und dürfen nicht loslassen, bis die Situation der Familie geklärt und das Kind sicher ist. Dort wo Familien leben, muss die Hilfe angeboten werden (Sozialraumorientierung) und sie darf Eltern nicht das Gefühl vermitteln aus einem völligen Versagen heraus Bittsteller zu sein. Denn genau das hält Menschen davon ab, die nötige Hilfe anzunehmen (niedrigschwelliges Hilfesystem).

Hilfe von Geburt an – Familienhebammen – Kitas und Familienhilfezentren
Die Prävention muss in der Schwangerschaft beginnen, dazu eignen sich besonders  Familienhebammen und andere Familienhelferprojekte, die von Geburt an in die Familie hineingehen und gemeinsam mit ihnen Problemlösungen entwickeln. Diese Projekte müssen in belasteten Stadtteilen zügig ausgebaut werden.

Wir wollen eine Vernetzung von Kitas mit anderen Einrichtungen, die Familien erreichen - wie Mütterzentren, Elternschulen oder  Sportvereinen.  So könnten  viele Familienhilfezentren entstehen. Hier sollten Mütter mit Migrationshintergrund einen Sprachkurs belegen können, während ihr Kind dort betreut wird. Hier sollte Gesundheitsberatung, Bildung, ehrenamtlicher Einsatz und Geselligkeit einen Platz finden. Eine Qualitätsoffensive der Freien Träger ist erforderlich. Die Qualität der freien Träger der Jugendhilfe soll zukünftig zertifiziert werden.

Der Senat sieht bisher nur einzelner Modellvorhaben vor oder eine flächendeckende Einführung verbindlich voranzutreiben.

5. Das Recht muss weiterentwickelt werden.

Kindswohl konkretisieren
Was konkret mit einer „Gefährdung des Kindswohls“ gemeint ist, scheint sehr unterschiedlichen Interpretationen unterworfen zu sein. Problemlagen, die in einem Bezirk noch als „normal für das Klientel“ gelten, genügen im anderen Bezirk, um Hilfe einzuleiten. Auch schien die Arbeitsbelastung (und oftmals starke Überlastung) der Allgemeinen Sozialen Dienste den Blick auf die Situation in der Familie zu beeinflussen. In der Öffentlichkeit, aber auch in der Fachwelt ist der Eindruck entstanden, dass die Hilfe nicht früh genug einsetzt und dass sich Eltern der Hilfe zu lange entziehen können. Familiengerichten wird vorgeworfen, in ihren Urteilen das Elternrecht zu sehr in den Vordergrund zu stellen, auch deshalb würden Jugendämter daran scheitern, Kinder vor ihren Eltern schützen zu können.

Im Rahmen einer Bundesratsinitiative der CDU sollen die §§ 1631 b und 1666 Abs. 1 BGB dahingehend geändert werden, dass bei strafunmündigen Kindern, die häufig und massiv durch Straftaten in Erscheinung treten, klarstellende und erleichterte Bedingungen für die Unterbringung in einem geschlossenen Heim geschaffen werden. Dieses Anliegen ist einseitig, weil es erst dann an eine Konkretisierung des Kindswohls denkt, wenn die Kinder straffällig geworden sind. Eine Konkretisierung dessen, was das Kindswohl in den ersten Lebensjahren ausmacht wird nicht angestrebt. Das ist falsch. Man kann nicht Repression ausbauen und gleichzeitig nichts für den Schutz der Kinder tun, solange sie diesen Schutz wirklich brauchen.

Deshalb fordern wir, dass der § 1666 BGB dahingehend konkreter gefasst wird, was eine Gefährdung des Kindswohls besonders in den ersten 6 Lebensjahren ausmacht. Dem Hilfesystem und der Rechtssprechung sollen zukünftig klarere Leitlinien gegeben werden, wann das Kindswohl gefährdet ist damit die Hilfe früh durchgesetzt werden kann, auch wenn Eltern sich dem entziehen wollen.

 

ausführliches Eckpunktepapier zum Download

 

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