FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Rezension / Jahrgang 2006

 

Monika Dreiner

Trauma – was tun?
Information für alle, die mit traumatisierten Kindern
und Jugendlichen zu tun haben

Trauma-Transform-Consult GmbH
-
www.TraumaTransformConsult.de-
(18 Seiten, Preis: vier 55-Cent-Briefmarken)


Monika Dreiner ist Psychologin, Psychotherapeutin für Kinder- und Jugendliche und wissenschaftliche Mitarbeitern der Trauma-Transform-Consult GmbH in Much.

Motiv und Anliegen ihrer Informationsbroschüre beschreibt sie im ersten Absatz:
»Im Laufe unserer Arbeit mit traumatisierten Kindern, Jugendlichen und deren Eltern in der Traumaambulanz ist immer wieder die Frage nach schriftlichen Informationen aufgetaucht. Die Eltern haben sich etwas gewünscht, was sie in Ruhe zu Hause nachlesen können. Mit dieser Broschüre soll diese Lücke nun gefüllt werden. In den vorliegenden Seiten erhalten Sie die wichtigsten Informationen zum Thema 'Trauma bei Kindem und Jugendlichen'.
Eine ggf notwendige persönliche Fachberatung, Therapie oder ärztliche Behandlung kann und darf die Broschüre jedoch keineswegs ersetzen.« (S. 2)

Der Untertitel ist also irreführend – die Broschüre richtet sich nicht an Sozialarbeiter, Heimerzieher, Pflege- und Adoptiveltern, die durch familiäre Vernachlässigung und Mißhandlung traumatisierte Kinder betreuen, bei denen also die Eltern selbst die Traumatisierung verursachten, sondern an Eltern, denen ein einfühlsamer Umgang mit ihren auf andere Weise traumatisierten Kindern zugetraut wird, also nicht an "alle, die mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen zu tun haben".

Das geschieht allerdings sehr sachkundig und praxisgerecht, wie folgende Textproben dokumentieren.

Unter der Überschrift »Ein Psychotrauma beeinflußt die Funktion des Gehirns im Sinne eines Selbstschutzes« heißt es:
»Hinzu kommt, dass traumatisierende Erlebnisse bei Menschen aller Altersstufen auch Veränderungen in der Funktion des Gehirns auslösen. Diese können vorübergehend sein oder – je nach Schwere des Traumas – auch länger anhalten. Das kann man sich folgendermaßen vorstellen: In einer extrem belastenden Situation sorgt das Gehirn dafür, dass in erster Linie alle die Funktionen gut ablaufen, die für das Überleben notwendig sind. Hierzu zählt z.B., dass wir – wie unsere Vorfahren und die Tiere – entweder schnell weglaufen, gut kämpfen können oder uns tot stellen, um nicht entdeckt zu werden. Eine Kette von Reaktionen im Gehirn sorgt dafür, dass vermehrt Stresshormone ins Blut ausgeschüttet werden. Dann steigt der Blutdruck, das Herz schlägt schneller, die Atmung ist flach und schnell. Das vorherrschende Gefühl ist dann Angst und Bedrohung. Stellen Sie sich vor, um Ihr Leben zu retten, müssten sie ganz schnell aus einer gefährlichen Situation weglaufen. Dann ist es wichtiger, Sie können schnell laufen, als dass Sie genau sehen können, was es alles Schönes am Wegesrand gibt. Die Angst verhindert das geradezu. ....
     Wenn die Gefahr (z. B. ein Wohnungsbrand) vorüber ist, kann es passieren, dass Sie sich zwar an den Brandgeruch sehr gut erinnern können, aber nicht genau, was und wie etwas passiert ist. Es kann sogar vorkommen, dass sich jemand zunächst überhaupt nicht an das Ereignis erinnert, sondern z. B. erst ab dem Zeitpunkt, als er sicher im Krankenhaus angekommen ist. Das totale Vergessen nennt man Amnesie. Die Amnesie ist ein Schutz vor der Erinnerung an das schreckliche Erlebnis. ....
     Ein weiterer Schutz vor der Erinnerung oder der Wiederholung des Erlebnisses ist, alles zu vermeiden, was eine solche Situation vielleicht noch einmal herbeiführen könnte. Geschah der Unfall z. B. auf dem Weg zur Schule, könnte ein Kind versuchen, die Wiederholung des Unfalls zu vermeiden, indem es nicht zur Schule geht. Trifft dies zu, handelt es sich nicht um einfaches 'Schuleschwänzen', sondern um den Versuch des Kindes, sich selbst zu schützen.
     Eine weitere Möglichkeit, sich zu schützen, besteht darin, ständig aufzupassen, immer extrem wachsam zu sein. Diese extreme Wachsamkeit kann dazu führen, dass das Kind/der Jugendliche nicht einschlafen kann und/oder nicht lange genug durchschlafen kann. Kinder wie Erwachsene wachen immer wieder auf, können oft nicht direkt wieder einschlafen. Kinder haben oftmals nachts Albträume, schreien im Schlaf. Morgens sind sie unausgeruht, können sich nicht auf ihre Arbeit/die Schule konzentrieren, werden aggressiv.« (S. 5-7)

Nach vielen hilfreichen Anregungen schließt der Ratgeber mit folgender Ermutigung:
»Wichtig ist zu guter Letzt Folgendes: In einer Familie, in der ein Familienmitglied oder auch die ganze Familie eine traumatische Situation erlebt hat, trägt immer die ganze Familie eine große Belastung. So schwer dies auch ist, mit der notwendigen Unterstützung können alle Betroffenen ihren Platz im Leben wieder finden.« (S. 19)

Dreiners Ratgeber ist kurz, klar und kompetent, viel mehr wert als sein verblüffend niedriger Preis und allen Eltern zu empfehlen, sogar dann wenn noch kein traumatisches Ereignis eingetreten ist, weil es zu vorbeugender Achtsamkeit motiviert. Wir wünschen uns weitere Auflagen, dann aber bitte mit Angabe der Quellen, weiterführenden Literaturhinweisen und einem korrekten Untertitel.

Kurt Eberhard (Juli 2006)

 

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